Beschleunigung und Durchzug

Alles technische, was sonst nirgends paßt
Giraffe
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Beschleunigung und Durchzug

Beitrag von Giraffe »

Hallo Gemeinde,

ich hatte gestern mit einigen Bekannten eine heiße Diskussionsrunde, die letztendlich zu nichts führte, da es sich - incl. mir - um technische Laien handelte.

Es ging um das o.g. Thema.

Drehmoment sei das Maß der Dinge, nicht die PS,
war die Meinung der einen Hälfte der Gruppe.

Die Andere war genau der anderen Meinung.

Als Argument der PS-Favorisierer kam dann das Beispiel mit einem Grand Cherokee.
Diesen gibt es mit einem Diesel mit 218 PS bei 4000  und einem Drehmoment von 510 NM bei 1600 - 2.800 .

Und dann ist da noch der 5,7 Liter Hemi V8. Dieser hat  "nur" 500 NM bei 4.000, aber 326 PS bei 5.000.

So, der Diesel braucht von 0 - 100  9,0 Sek., der Benziner 7,1.

Das war dann der Untergang der Drehmoment-Theorie-Befürworter.
Auch ich war einer von ihnen, daher zwickt es mich schon ein bischen, das ich dieses Beispiel nicht entkräften konnte.

Kann mir vielleicht jemand von euch das mal wirklich korrekt erklären, ob es jetzt doch die PS oder die NM ausmachen ?

Vielen Dank im Voraus und die jahreszeitüblichen Wünsche.

Viele Grüße, Stephan  

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moritz
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Beschleunigung und Durchzug

Beitrag von moritz »

Ich weiß schon, was Du meinst, Stephan:
Wenn das Drehmoment in Nm die beschleunigende Kraft beschreibt, was spielt dann die Leistung noch für eine Rolle?

Klar wird das, wenn man die Drehzahlen mit einbezieht:
Die höhere Leistung des V8 wird als höheres Drehmoment am Rad wirksam, weil sie, dank der höheren Drehzahl, bei der sie anliegt, kürzer übersetzt werden kann, und damit die ursprünglich gleich hohe Drehmomentabgabe aufgestockt wird.
Wenn die Grundübersetzung identisch ist, unterscheiden sich die Schaltpunkte: Für den Diesel muß bei 2/3 der V8-Drehzahl hochgeschaltet werden, wodurch das Drehmoment in der Kardanwelle jedesmal in der dann verlängeten Getriebeübersetzung reduziert wird.
(Im nächsten Gang zieht der gleiche Motor schlechter an, verliert dabei die Zeit.)

Leistung wird als Produkt aus Drehmoment und Drehzahl gebildet, und stellt quasi die Macht, die Potenz, das Vermögen dar, gleichzeitig Drehkraft und Drehzahl zu sein. Mit weniger Enddrehzahl mehr Drehmoment, oder eben mit weniger Drehmoment mehr Enddrehzahl  -  je nach Getriebeübersetzung.
Der leistungsschwächere Diesel kann die Enddrehzahl für gleiche Geschwindigkeit durch längere Übersetzung erreichen, aber nicht gleichzeitig auch das Drehmoment bis in die Kardanwelle aufrechterhalten, um dort noch gleich stark zu beschleunigen. Für beides gleichzeitig
zu wenig mächtig eben.
Aus anderen Sprachen übersetzt, erhält man übrigens wörtlich Angaben wie Macht, Potenza u.ä..., das mag aber Zufall sein, weil sich 'Kraft' dort vielleicht genauso übersetzt.
Jedenfalls ist das Drehmoment nur ein Teilaspekt.
500Nm kannst Du von Hand aufbringen, wenn Du an der Kurbelwelle vorne mit einem laaangen Hebel drehst. Aber es geht Dir die Puste schneller aus, als dem Diesel, und dem Diesel vor dem V8.

Unter Motoren ähnlicher Leistung ist im Alltag tendentiell der drehmomentstärkere auch der spurtstärkere. Bei ihm liegt über das Drehzahlband in ausgedehnteren Bereichen nutzbares Drehmoment an. Mit einer übertriebenen Drehorgel muß man die nutzbaren Bereiche erst einmal finden, oder fährt permanent peinliche drei Gänge niedriger, mit entsprechendem Geräusch und Verbrauch...
Prinzipiell sind aber ein 900PS Formel-1-Motor und ein 900PS Panzermotor gleichwertig, wenn man nur einem das passende Unter- oder Übersetzungsgetriebe mitgibt.

Für den Vergleich im Einzelnen kommen dann noch eine Reihe Faktoren dazu.
Beim Hochdrehen des Diesels vermindert die Trägheit des Turboläufers dessen Drehzahlen gegenüber den stationären Prüfstandswerten, und damit Ladedruck und Drehmoment.
Ein ganzer Antrieb kann an seiner rotierenden Massenträgheit zu schleppen haben, ein anderer aus Verbrauchsgründen deutlich länger übersetzt sein.

Neben der Beschleunigungsfrage könnte es sein, daß der Diesel in der Elastizität teilweise nicht so weit zurück, oder auch voraus ist.









(Edited by moritz at 22:07 am 21. Dec. 2005)
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Giraffe
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Beitrag von Giraffe »

Und genau darum liebe ich dieses Forum.

Hallo moritz,
herzlichen Dank für die prompte, und wirklich ausführliche Beantwortung meiner Frage.

Stephan

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HZJ syttini
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Beitrag von HZJ syttini »

Moritz hat einen Bericht so formuliert, daß ich ihn auch verstehen kann!

*riesenfreude

*Super

Grüße Andi

Und noch eine schöne Weihnachtszeit

:elk:
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benjamin
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Beitrag von benjamin »

hi, ich will hier ja niemandem ans bein pinkeln,aber so richtig richtig ists nicht !!!!!!!!!

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moritz
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Beitrag von moritz »

Quatsch, an's Bein pinkeln: Wenn's nicht stimmt, stimmt's nicht, und war eben nur ein Versuch.

Nur, man kann's viel feiner auflösen, aber falsch? Laß' hören, was nicht stimmt.

(Edited by moritz at 2:14 am 22. Dec. 2005)
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benjamin
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Beitrag von benjamin »

Nm ist einzig die haltekraft eines motors(diesel/otto/elektro)
beispiel 1:motor 300Nm/diese maschine kann einen bremswiederstand den 30kg/300Nm an einem hebel von 1meter  verursachen ohne drehzahlverlust halten.
beispiel 2:motor 200PS(1PS ist 75kg in 1sec. 1meter anheben. 200PS ist 75kg in 1sec. 200meter anheben.

das beispiel mit dem jeep war etwas scheiße,denn trotz unterscheidung diesel /benziner ist unklar ob DIN-PS oder SAE-PS / 1SAE-PS=ca.0,75DIN-PS
weil der diesel im indianer jeep mit sicherheit von VM oder mercedes ist(DIN-PS) und der benziner aus amiland stammt (SAE-PS)

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moritz
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Beitrag von moritz »

Eine uralte Legende, wenn Du gestattest. Gibt keinen Umrechnungsfaktor, keine Prozentangabe.
Bis vor etwa einem halben Jahr waren 300hp etwa 305PS, grob. Kein weiterer Unterschied.
Die jüngste SAE-Änderung ist mir ein gewisses Rätsel, aber wird das ja nicht so auf den Kopf gestellt haben.
Selbst früher, als noch der Unterschied zwischen netto und brutto war, konnte man nicht einfach 0,75 setzen, weil Aggregate von 300 auf 600hp ja nicht alle doppelte Leistung fraßen.

Vom ersten Teil weiß ich noch nicht recht, was er mir sagen soll. :ka:


(Edited by moritz at 1:05 am 27. Dec. 2005)
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moritz
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Beitrag von moritz »

Als handliche Zahl, um M, n, und P für Nm, rpm und PS zuordnen zu können, hab' ich mir mal irgendwas um 7023,5 ausgerechnet, wenn ich mich recht erinnere.
M          x    n          =    P       x 7023,5
600{Nm} x 5000{rpm} = 427{PS} x 7023,5   könnte gut hinkommen

Läßt sich schon so ineinander überführen, will man aus den Angaben oben mal Wertepaare bilden.
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benjamin
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Beitrag von benjamin »

wie sollen sich denn PS die an der antriebsachse gemessen inklusiv aller agregate,lima usw. werden(DIN-PS)mit(SAE-PS)motor solo,also ohne getriebe und sonstige agregate ähnlich sein??????????????
HÄ?
FAKTOR IST UND BLEIBT CA 25%

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moritz
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Beitrag von moritz »

DIN-Leistung der Werksangabe ist auch am Motorprüfstand gemessen, nicht an der Hinterachse. Abgabeleistung des kompletten Motors. Kleine Unterschiede bei den Meßmethoden, aber eben im Bereich von fünf oder zehn PS, bis vor ein paar Monaten. Dann las ich ein paar seltsame Berichte über die Effekte der jüngsten SAE-Änderung, aber darauf habe ich eben noch keinen Reim.

Du hast die alten Faustregeln aus der muscle-car-era im Kopf, die aber auch sehr bedingt brauchbar waren.

Ist natürlich dem Europäer nie aufgefallen, wenn die heißeste Vette aus dem Laden Ende der Sechziger mit Werksangabe 430hp (für die Versicherung) real sagenhafte 560hp hatte. Brutto oder netto  -  für Servo, Klima, Lima... konnte man von 560 ruhig was abschlagen. Da blieben immer noch vier Boxer übrig :biggrin:, wenn man nicht jedes Aggregat fünffach nachrüstete...




(Edited by moritz at 23:36 am 22. Dec. 2005)
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moritz
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Beschleunigung und Durchzug

Beitrag von moritz »

Was Du in den Papieren liest, kommt nie auf der Straße an. Wenn Du auf die Rolle fährst, weil nicht jedermann mal eben den Motor ausbaut, und entsprechend testet, bekommst Du entweder Werte, die am Rad gemeint sind, also so mehr oder weniger gemessen wurden, oder an der Kurbelwelle gemeint, aber den Hinweis 'am Rad' bekommen, um die Messung auf der Rolle anzumerken. Dazu gehört dann die abenteuerliche Spekulation über sämtliche Verluste dazwischen.
Wird auch wild durcheinandergewürfelt, manchmal...
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Beitrag von benjamin »

alle motoren, außer den amis werden mit allen agregaten auf den prüfstand gestellt
stell doch mal so,n 5,7liter V8 auf die bremse(ob wirbelstrom oder wasser)wo sind dann die 250PS? sind nicht da!
sind eben SAE-PS

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moritz
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Beschleunigung und Durchzug

Beitrag von moritz »

Jetzt beharrst Du leider auf den Legenden!
Du wirfst uralte bruttos mit längst vergleichbaren nettos durcheinander, mißachtest noch immer, daß zwischen schwacher und starker Maschine keine fixen Faktoren sein können, weil Lima, Klima&Co nicht so mit dem Motor wachsen, und willst eigentlich kein bißchen hinhören, Benjamin.
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moritz
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Beschleunigung und Durchzug

Beitrag von moritz »

Gibt übrigens kaum einen besseren Maßstab, um sowas auch heute (nachträglich) noch einzuschätzen, als gerade die Viertelmeile.
Heute so lang wie damals, Gewichte und Zeiten sind gut bekannt, vergleichbar starke Autos heute etwas gängiger, und eigentlich nur die schlechten Reifen von damals zu berücksichtigen. Die hätten seinerzeit keine Fabelzeiten mit SC427, ZL-1 und L88 gefahren, wenn alles so wäre, wie wir uns erzählen ;)

Zu allem Überfluß fahren ein paar davon sogar noch, und durch den Volkssport kann man sich kleine Rechentools und Simulationen sogar überall als freeware laden, um es auch ganz ohne Auto noch durchexerzieren zu können...

(Edited by moritz at 3:54 am 22. Dec. 2005)
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