Milchmädchenhypothesenbilanz

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RobertL
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Milchmädchenhypothesenbilanz

Beitrag von RobertL »

Hello all,

ich versuch mal eine Milchmädchenhypothesenrechnung. Sagt mir bitte ob ich aus eurer Sicht völlig daneben liege oder nicht.

Die Annnahmen habe ich vereinfacht, das Resultat und die Schlussfolgerung sollten aber doch einige Aussagekraft haben

Annahmen:

- ein Neuwagen (PKW) kostet 30.000€
- ein Drittel davon ist der Materialwert = 10.000€ (eher mehr!!)
- ein Drittel dieses Materialwertes sind
Energiekosten zur Materialherstellung und Zusammenbaue des Vehikels = 3.333€
- 3.333€ entsprechen etwa einem Energieequivalent von 6.666 Litern Benzin/Diesel zu Industriepreis (zu angenommenen 0,5€/L)
- 6.666 Liter Benzin/Diesel entsprechen ca. 100.000km gefahrenen Strassenkilometern
- für 3.333€ bekomme ich etwa 3000 Liter Sprit an der Tankstelle

Ich leite nun, von diesen Annahmen ausgehend, zwei Modellrechnungen ab:

1) CO2 Bilanz

Soweit ich weiss liegt im Moment der aktuelle angestrebte CO2 Emmisionswert bei 170g/km. In Zukunft sollen es 120g/km sein. Anhand obiger Annahmen ergibt sich

CO2 Emissionen für die Herstellung eines Neufahrzeuges:

100.000km x 170g/km = 17 Tonnen !!

Einsparung pro km wenn 120g/km: 50g/km

dh. das Neufahrzeug mit 120g/km muss mehr als 300.000km fahren um gegenüber einem bereits in Betrieb befindlichen 170g/km-Fahrzeug CO2 neutral zu werden wenn man die Emissionen zur Herstellung berücksichtigt.


2) Energiebilanz

Zusätzliche Annahme: das neue Auto braucht 1L Sprit weniger auf 100km als das "Alte"

Macht bei 3000 Liter, die an Primärenergie zu Tankstellenpreisen drinnen stecken, ebenfalls 300.000 km nach denen das Fahrzeug eine neutrale Energiebilanz zeigt

Fazit:
Auf 300tkm Lebensdauer kommen die wenigsten PKW, die meisten wandern vorher auf den Schrottplatz oder ins Ausland. D.h. eigentlich, dass jeder verkaufte Neuwagen nur massiv die CO2 und Energiebilanz negativ belastet, statt sie zu entlasten - wie man uns weis machen will.


Mann kann da, aus meiner Sicht noch ein bissl an den Grössenordnungen "herumdrehen", aber grundsätzlich frage ich mich, soferne meine Annahmen nicht komplett falsch sind, was man eigentlich damit bezweckt den bestehenden Fahrzeugbestand zu verteufeln.

Globale umwelt- und energierelevante Überlegungen können nicht dahinter stecken. Ist die Automobil-Lobby wirklich so gut?

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El Saltador
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CO2-Bilanz

Beitrag von El Saltador »

Hallo Robert,

interessante Rechnung die du da aufmachst, stimme dir voll und ganz zu, aber das Problem ist hier doch wohl der Kapitalismus mit all seinen fatalen Folgen - Korruption etc. und die Politiker streuen uns mit ihrem Gelabber doch nur Sand in die Augen, sollten mal die folgende Lektüre lesen:

Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde, könnte helfen, die Menschen ausreichend mit Kleidung, Papier, Öl, Brennstoff, Nahrung, Baumaterial und vielen Medizinen zu versorgen, wenn, ja wenn da nicht die bornierten Politiker etc. wären.

Siehe hierzu das Buch:
Hanf, Jack Herer, ISBN 3-86150-026-4, Verlag Zweitausendeins

Sonnige und hanfige Güsse aus dem 4X4 Andalusien!
Von der Wahrheit zur Wirklichkeit ist ein weiter Weg.

Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis perseverare in errore.

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HiluxMichael
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Beitrag von HiluxMichael »

@RobertL

Ich weiß auch nicht, ob ich hiermit komplett falsch liege, aber:

Hängt die Produktion von Feinstaub nicht auch vom Motor, sprich vom Einspritzdruck bzw. dem Grad/der Feinheit der Zerstäubung ab?

Produzieren unsere Saurier genauso viele PM10-Partikel wie ein moderener Common-Rail, Multi-jet, oder D4D-Motor (vom Partiklefilter mal abgesehn)?

Gruß

Michl
"Better to be looking at it than looking for it"

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AndreasHirsch
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Beitrag von AndreasHirsch »

Oh, Robert,
dir fehlt aber noch der Recyclingaufwand für das
Alt-Fahrzeug.
Persönlich denke ich , das das Energie-Equivalent
zu niedrig ist, schließlich hat ein einfacher Joghurt
schon 8000 km Logistik in der Rechnung.
Aber die Überlegung an sich ist schon sehr richtig.
Da hat es in der Schweiz glaube ich auch schon mal
einen Rechen-Versuch mit Alt-LKW gegeben.
Die Frage war:
Ist es wirtschaftlicher einen LKW mit xx km Fahrleistung
im Jahr regelmässig durch ein Neufahrzeug zu
ersetzten, oder ist die erhöhte Instandhaltung des
Altfahrzeuges wirtschaftlicher ?
Das Ergebnis spracht nicht wirklich für Neuanschaffung.
GRuß aus Berlin
AndreasHirsch

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RobertL
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Beitrag von RobertL »

Andreas - eventuell meinst du das hier:

http://www.product-life.org/toyo.htm

Wie gesagt: das sind naive Schätzwerte. Von BMW z.B. weiss ich dass ein neuer 6-Zylinder Dieselmotor alleine ca. 6000 Euro Gestehungskosten hat.

Wahrscheinlich ist der Energieaufwand höher als von mir geschätzt. Das verschiebt allerdings das Verhältnis noch mehr zu Ungunsten der Neuwagen.

@Michi
Da liegst du richtig. Das will aber auch niemand von den Verantwortlichen zur Kenntnis nehmen. Ich wollte aber keine neue Feinstaubdiskussion auslösen.

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Onkelchen
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Beitrag von Onkelchen »

Hi,

ich habe mir häufig schon Gedanken zu genau dieser Thematik gemacht. Bisher bin ich aber leider noch auf keine verlässlichen Werte zum wirklichen Enegriebedarf zur Herstellung eines Neufahrzeugs gestoßen.

Wenn man jedoch alleine nur den Stahl- und Leichtmetallanteil sieht, und bedenkt, wieviel Energie alleine bei Verhüttung, Walzung, Guss usw. benötigt wird, da dies alles Warmverformungen sind ....

Bis ein Blechcoil im Stanzwerk des Zulieferers ist, hat er schon eine riesige Menge an Energie aufgezehrt.

Dazu die Kunststoffverarbeitung, die elektronischen Baugruppen.

Die Montage bei den Autoherstellern bedarf nur einen ganz geringen Teil. Die Herstellung der Grundprodukte dagegen langt mächtig zu.


Ohne wirklich fundierte Zahlen zu haben, würde ich trotzdem davon ausgehen, dass die Materialkosten nicht zu einem Drittel, sondern zu mind. der Hälfte durch die Energiekosten begründet sind.


Viele Grüße
Onkelchen
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, die die Welt nie angeschaut haben.
(Alexander von Humboldt)

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RobertL
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Beitrag von RobertL »

Angeblich gibt es eine Studie aus Dänemark? wo die Sache mal fundiert untersucht wurde. Allerdings habe ich im Internetz bis dato nichts darüber gefunden. Wurde wahrscheinlich nur in Papierform publiziert oder ist gut versteckt.

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Don Matías
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Beitrag von Don Matías »

Onkelchen schrieb:

Wenn man jedoch alleine nur den Stahl- und Leichtmetallanteil sieht, und bedenkt, wieviel Energie alleine bei Verhüttung, Walzung, Guss usw. benötigt wird, da dies alles Warmverformungen sind ....

..., dass die Materialkosten nicht zu einem Drittel, sondern zu mind. der Hälfte durch die Energiekosten begründet sind.


Dem schliesse ich mich an und darf die Vorstufe(n) ergaenzen:

Die Explorationsbohrungen, das Erz aus der Erdkruste zu foerdern, zu brechen, aufzubereiten, ein Konzentrat herzustellen (Roestprozesse!), dieses haeufig auf dem Landweg (LKW, Eisenbahn) zur Kueste zu transportieren, Umschlag, Seetransport, Umschlag, Landtransport zum Huettenwerk: Da wird Energie en masse verbraucht!

(Daher erhalte ich meinen FJ40 mit Sorgfalt, denn einmal durch Korrosion zerbroeseltes Metall ist wirklich verloren.)

Saludos,

don Matías.
**/+rplk^f

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Plastic Bertrand

Beitrag von Plastic Bertrand »

Nicht wirklich fundiert aber als Anhaltspunkt: Motor Klassik geht davon aus, dass 25% des Energieverbrauchs bezogen auf die Gesamtlebensdauer bei der Herstellung anfällt.

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RobertL
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Beitrag von RobertL »

PlasticBertrand hat geschrieben:Nicht wirklich fundiert aber als Anhaltspunkt: Motor Klassik geht davon aus, dass 25% des Energieverbrauchs bezogen auf die Gesamtlebensdauer bei der Herstellung anfällt.


Das würde bedeuten, dass der Energieaufwand für die Herstellung geringer wird wenn ich weniger km fahre :lol:

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Colt
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Beitrag von Colt »

HiluxMichael hat geschrieben:Produzieren unsere Saurier genauso viele PM10-Partikel wie ein moderener Common-Rail, Multi-jet, oder D4D-Motor (vom Partiklefilter mal abgesehn)?

Gruß

Michl


Die Produktion an PM10-Feinstabu hängt in wesentlichem Maße von der Motortechnologie ab. Mein alter Saugdiesel produziert m.W. kaum PM10 :aetsch: , da kommt hauptsächlich richtig dicker Ruß raus :oops:

Trotzdem darf ich demnächst nicht mehr zur Arbeit fahren... Aber was solls, die 100km kann ich auch laufen :evil:


Die Rechnung von Robert dürfte aber so hinkommen, nicht ganz richtige Annahmen dürften sich in der Gesamtbilanz wieder relativieren bzw. sich gegenseitig aufheben ;)

Viele Grüße,
Marc

Heute hat mich doch glatt unser Vertriebsleiter (niegelnagelneuer S8 ) beim Mittagessen wegen der alten "Stinkerkiste" angesprochen. Da hab ich auf genau die Tour argumentiert.

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Onkelchen
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Beitrag von Onkelchen »

PlasticBertrand hat geschrieben:Nicht wirklich fundiert aber als Anhaltspunkt: Motor Klassik geht davon aus, dass 25% des Energieverbrauchs bezogen auf die Gesamtlebensdauer bei der Herstellung anfällt.



Wenn ich das richtig verstanden habe, betrachten die aber nur den Hersteller und den Tier-1 Zulieferer.

Das sind auch die Firmen, die sich immer mit gesenktem Energiebedarf brüsten. Die Energieintensive Fertigungsprozesse werden einfach "eine Stufe weiter geschoben".

Wenn man bedenkt, welchen Energieaufwand alleine so ein kleines Teil wie die Schraubkappe auf einer Zündkerze benötigt.
Und das colle dann noch: Das Ding wird im Schwarzwald gefertigt, um dann nach Indien geschickt zu werden, damit es dort auf die Zündkerze geschraubt wird, verpackt und dann wieder zurück ins Deutsche Zentrallager, um kurz danach Ship-To-Line zum Autohersteller für die Erstausrüstung zu gelangen ...

Crazy, das.

Viele Grüße
Onkelchen
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, die die Welt nie angeschaut haben.
(Alexander von Humboldt)

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