olli2918 hat geschrieben:Der Servicemeister hat mit mir eine Probefahrt gemacht und dann auch schnell gemerkt, die Bremsscheiben haben eine Macke. Er meinte, das wäre jetzt schon der dritte J15 bei ihm, bei dem sich diese Auffälligkeit zeigt (und die verkaufen nicht gerade viele LC). Toyota sollte mal langsam wach werden, meinte er noch.
Also neue Scheiben vorne, Beläge bietet man zum EK an, da die nicht von der Garantie umfasst sind.
Moin,
leider machen sich die Händler das sehr einfach, das "auf Toyota zu schieben" und "einfach durchzutauschen".
Mal ein bisschen Background zu diesem "Rubbeln beim Bremsen", und zu den Ursachen:
Das schlagen im Lenkrad kommt durch unterschiedliche Bremsleistung im Verlauf der Radumdrehung eines Rads.
DIe Ursache dafür ist eine unterschiedliche "Dicke" der Bremsscheibe im Umaluf, dadurch ergibt sich natürlich ein wechselnder "Druck" der Bremsbeläge auf die Scheibe und damit wechselnde Bremsleistung = Verzögerung.
Da das einseig passiert, schlägt das Lenkrad. Es lenkt in die RIchtung des Fehler wenn es da "stärker" bremst, und zurück wnen es wieder "schwächer" bremst.
Fühlt sich total doof an - ist aber nicht dramatisch. Es reichen minimale Dickenunterschiede.
Wie kommt es nun zu dieser Unterschiedlichen Dicke im Umlauf der Bremsscheibe?
Es gibt mehrere mögliche Gründe:
- Fehler bei der Fertigung. inzwischen eigentlich eher selten.
- Fehler bei den ersten paar Kilometern Fahrt durch einfache "Arbeit" im Material. Durch das erhitzen/abkühlen arbeitet das Material. Dabei kann es zu Spannungen kommen, die zum verziehen der Bremsscheibe führen. Das ist dann einfach "blöd gelaufen", tritt tendenziell bei schweren Autos öfter auf als bei leichten, grade bei eher kleinen Bremsanlagen.
- Fehler durch Starke/Vollbremsung und "zusammendrücken": Wenn man die Bremsscheibe sehr heiß bremst, und dann mit hohem Pedaldruck auf der Bremse stehen bleibt, kann man das durch die Hitze "weichere" Metall "zusammendrücken".
- Thermische Schockreaktionen: Mit heißer Bremse durch ne Pfütze knallen und damit die Bremsscheibe plötzlich stark abkühlen kann auch zum verformen/verziehen führen.
- Härte/Qualität des Materials: Toyota verbaut eher "harte" und "dicke" Bremsscheiben (oftmals kann man 3-4 Sätze Beläge auf der Werksscheibe "verfahren"), andere Hersteller eher "weichere" und "dünnere" Bremsscheiben (oft wechselt man da beim ersten Belangswechsel die Scheiben mit). Dünnere Scheiben verziehen sich weniger schnell als Dicke (Temperaturunterschiede im Material geringer), haben aber weniger Reserven. Ebenso verzieht weicheres Material sich weniegr als härteres.
Vieles davon hat Toyota nicht wirklich in der Hand.
Das Phänomen ist über alle Hersteller und alle Modelle das gleiche - ähnlich auch die Häufigkeit.
Hinzu kommt dann aber ein Faktor, der eine gefühlte "Häufung" bei gewissen Fahrzeugen/Herstellern herbeiführt:
Großes Auto, Lange Anlenkungen zu den Vorderädern (Durch hohen Federweg), Hoher Federweg, Große Reifen auf kleinen Felgen (Hoher Querschnitt), Hoher Unterschied zwischen Bremsenscheibenumfang und Radumfang.
Bei kleinen Rädern, wenig Federweg, niedrigem Querschnitt fehlt es an Masse und "Schwingungsbereich" in dem sich das Verhalten "merklich aufschaukelt". Bei weniger Differenz zwischen Bremsscheibenumfang und Radumfang ist der spürbare Effekt auf einen deutlich kleineren "Rollbereich" einflussnehmend.
Der Landcruiser (wie auch der HiLux, Ranger, etc...) haben da eben recht ungünstige Vorraussetzungen.
Abweichungen die bei einem normalen PKW noch keine merklichen "Schläge" am Lenkrad zeigen, führen bei diesen Autos schon zu merklichen "Symptomen".
Viele PKWs haben das ursächliche Thema auch - da merkt man es dann aber eben nur beim genau "hinfüllen": Das Lenkrad bewegt sich nur minimal beim Bremsen...
Bei den genannten Fahrzeugen rappelt es direkt ordentlich am Lenkrad.
Was also tun?
Die einfachste und nachhaltigste Methode das Problem zu beheben ist nach wie vor das abdrehen der Bremsscheiben. Einige nennen es hochtrabend "Kalibrieren" der Bremsscheiben.
Dabei wird nichts anderes gemacht, als die Bremsscheibe durch eine Vorrichtung langsam gedreht und ein vorher meist an der Bremssattelhalterung montiertes Schneideisen über die innen oder aussenseite "abgezogen" - oder auch beidseitig. Geht mit passendem Gerät "am Fahrzeug" - ohne Demontage der Bremsscheibe.
Man kann mit dem Gerät auch sehr gut nachschauen wo das Problem genau liegt und welche Seite des Fahrzeugs und auch der Bremsscheibe (innen oder aussen, oft ist es nicht beidseitg) es betrifft.
Natürlich muss man die Dicke der Scheibe im Auge haben - aber bei neuen Scheiben ist das hunderstel das man da runterholt völlig unkritisch.
Diese Methode ist auch besser als das einfach tauschen: Dadurch das die Bremsschrieben vor dem abdrehen schon gefahren sind, thermische Spannungen damit aufgetreten sind, tritt das Problem danach normalerweise nicht wieder auf. Ebenso entfernt man die "Kanten" am inneren und äusseren Rand der Scheibe, auch das hat Vorteile.
Beim Tausch der Scheiben kann das Problem eben auch einfach wieder auftreten, aus den oben genanten Gründen.
Warum tauscht der Händler nun einfach?
Weil er meint das es weniger Zeit kostet...
Wenn man die Bremsscheiben abdreht, dauert das pro Seite circa 20 Minuten und man muss sich ein paar Gedanken machen und sorgfältig arbeiten. Es ist auch meist keine "Routine" mehr dafür da.
Ich glaube nicht, das es schneller geht die Bremsscheiben zu tauschen - aber das kann einfach der Lehrling im ersten Lehrjahr machen...
Da ist "Teiletauschen" leider inzwischen eher die Wahl.
Toyota zahlt sowohl abdrehen als auch tauschen auf Garantie. Ein Abdrehgerät für Bremsscheiben gehört zur von Toyota vorgegebenen Ausstattung der Werkstatt.
Zu den Bremsbelängen: Die kann man sowohl nach dem abdrehen, wie auch beim Tausch der Scheibe nach so kurzer Laufleistung ohne Probleme weiterverwenden - man sollte sie jedoch auf einem planen Tisch mit mittelfeinem Schleifpapier einmal abziehen und danach mit ein paar sanften Bremsungen "einbremsen".
Mit ein bisschen "Erfahrung" kann man ein Lenkradschlagen durch die Bremsscheiben sehr einfach von einem Lenkradschlagen durch Unwucht differenzieren.
Lenkradschalgen durch Unwucht tritt nur bei gewissen Geschwindigkeiten auf, Bremabhängiges Schlagen bei jeder Geschwindigkeit (zunehmend je höher die Geschwindigkeit wird).
Das "Bremsscheibenproblem" merkt man auch bei ganz langsamem Rollen des Fahrzeugs mit minimaler Bremsbetätigung: Man merkt dann "stärkeres" und "schwächeres" Bremsen.
So long, das mal als "Background" zu dem Phänomen.
Viele Grüße
Broesel