"Wie auf Wolken": Bose und das perfekte Lexus-Fahrwerk

[netzmeister]

"Wie auf Wolken" oder "was hat ein Lexus-Fahrwerk mit Musik zu tun?"

Amar Bose, Gründer des gleichnamigen Unternehmens und u.a. auch Professor für Elektrotechnik am MIT, beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit Schwingungen. Angetrieben wurde er dabei immer wieder von der Imperfektion realer Produkte: Die Enttäuschung über gängige Lautsprecher mündete in die Entwicklung eigener Soundsysteme. Und der Ärger über die miserable Federung seines Autos mündete in einen schwebenden Lexus LS400.

Moment...was bitte? Nun, eigentlich ist es simpel. Und auch wieder nicht. Oder um es mit den Worten des Ingenieurs zu sagen: "Der Rest ist trivial". Denn nicht nur Musik wird über Schwingungen übertragen, sondern auch Bodenunebenheiten...was lag also näher für Bose, als die Erkenntnisse aus der Entwicklung elektromagnetischer Lautsprecher zu nehmen, um das perfekte Fahrwerk zu konstruieren?

Unter dem Decknamen "Active Sound" forschten Bose und seine Mitstreiter ganze 24 Jahre lang, bis sie 2004 schließlich das fertige "Bose Suspension System" in einen Lexus LS400 einbauten: Sensoren an der Fahrzeugfront erkannten die Beschaffenheiten des Bodens, ein Intel-Prozessor verarbeitete alles und Linearmotoren an allen vier Rädern (mit satten 20 cm Stellweg!) übernahmen die Führung. So war es möglich, dass der LS seelenruhig und watteweich über jede noch so wilde Bodenunebenheit hinwegglitt, kerzengerade durch jede Kurve ging, stabil jedes Ausweichmanöver ausglich und sogar (nur als Trick für die Präsentation) über eine Schwelle springen konnte. Der Lexus schwebte gleichsam über die Strecke, einige Medien nannten das folgerichtig sogar "magic carpet ride". WIE GENAU die Systeme zusammenspielen, hat Bose nie verraten. Seine trockene Antwort: "Mit sechs Jahren begann ich, Magie zu studieren. Die ersten beiden Dinge, die sie Ihnen über Magie sagen, sind: Wiederholen Sie niemals den Trick und erzählen Sie niemals, wie Sie es gemacht haben."

Leider hatte die Bose-Federung zwei entscheidende Nachteile: Sie war irre schwer und wahnsinnig teuer, schaffte es also leider nie in die Serienproduktion. Allerdings flossen die Erkenntnisse in die Entwicklung von aktiven Fahrersitzen in LKW und Bussen.

[quadman]

...das ist doch schon uralt. 10 Jahre gefühlt....
Aber trotzdem toll, wie solch Balken überfahren werden kann.

Gruß Stefan

[Ragnarök]

...das ist doch schon uralt. 10 Jahre gefühlt....
Aber trotzdem toll, wie solch Balken überfahren werden kann.

Gruß Stefan

Sogar 20, wie oben im Artikel erwähnt...

[RinaMat]

Sogar 20

Gefühlt sogar noch länger... Ich kann mich noch gut erinnern wie ich damals darüber einen Beitrag in einem TV-Automagazin gesehen habe! Das war ECHT beeindruckend!

[netzmeister]

...das ist doch schon uralt. 10 Jahre gefühlt....

...deshalb steht's ja auch unter "Toyota "History"...

[quadman]

Pfiffig gewählt

[Feldi]

"Wie auf Wolken" oder "was hat ein Lexus-Fahrwerk mit Musik zu tun?"
Leider hatte die Bose-Federung zwei entscheidende Nachteile: Sie war irre schwer und wahnsinnig teuer, schaffte es also leider nie in die Serienproduktion.

Das wundert mich nicht. So etwas mit Linearmotoren umzusetzen ist material- und leistungsmäßig völlig irre.

[Butterfass]

Ich bin trotz oder gerade wegen des Alters dieser Technik beeindruckt, vermutlich sogar bezweidruckt!

Mercedes hätte das nicht mit Linearmotoren gelöst, sondern ultrakompliziert hydraulisch, sodass man wieder zu Citroen in die Werkstatt gemusst hätte.

[netzmeister]

...dazu erzähle ich Euch nachher noch ein paar schöne Details. Sobald ich wieder am Schreibtisch sitze.

[netzmeister]

So, jetzt...

Die Grundidee Boses war ja, "Active Noise Cancelling" auf Fahrdynamik zu übertragen. Nur dass das System im Auto keine Schwingungen "umkehrt", sondern gleichlaufend ausgleicht, und das mit einer Reaktionszeit von 5 Millisekunden. Ein lustiges Detail: Bose war ja Zeit seines Lebens darauf bedacht, dass ALLES, was das Unternehmen verdient, direkt wieder in die Forschung fließt. Damit seine Controller aber nicht spitz kriegen, dass er sich neben Lautsprechern und Kopfhörern auch mit Autos beschäftigt, nannte er das Projekt eben "Project Sound" und verdonnerte die Ingenieure zum Stillschweigen.

Der Nachfolger von Firmengründer Bose war Bob Maresca, der ursprünglich in den 80ern angeheuert wurde, um dieses System zu entwickeln. Als CEO hat er später dann zugegeben: Das Gewicht und die immensen Kosten waren tatsächlich die entscheidenden Faktoren des wirtschaftlichen Misserfolges. Alleine die Linearmotoren brachten jeder 90 Kilo auf die Waage (sollten aber in einer Serienversion auf 50 Kilo abgespeckt werden). Dafür konnten sie aber auch jeder 450 Kilo stemmen. Das braucht natürlich Unmengen an Energie, aber da Elektromotoren auch immer Generatoren sind, konnten die Dinger einen beachtlichen Teil der aufgewendeten Energie auch wieder zurückgewinnen. Und DAS wiederum war der große Vorteil gegenüber der Hydraulik.

Ein Unternehmen namens ClearMotion hat das System 2017 erworben und weiterentwickelt: Zusätzlich zu den Sensoren nutzen sie "crowdbasierte" Daten der Fahrbahnoberflächen (also ähnlich Google Maps: Jeder User sammelt Daten, die dann in ein großes Modell fließen). Offensichtlich haben sie auch schon verschiedene Fahrzeuge damit ausgestattet, auf der Website gibt's u.a. Bilder von einem Volvo in Vergleichsfahrt. Am 16. August 2023 haben sie ihr Werk eröffnet, 2024 sollen erste Systeme ausgeliefert werden. Unter anderem haben sie einen Vertrag mit dem chinesischen Hersteller Nio über sage und schreibe 750.000 Einheiten für den neuen "ET9", der Ende 2024 auf den Markt kommen soll. https://clearmotion.com/

Die oben erwähnten Ärgernisse mit seinen Autos, die ihn zu dieser Entwicklung inspiriert haben, waren übrigens ein 57er Pontiac mit einer unausgereiften Luftfederung und ein 67er Citroën mit ständig leckender Hydraulik.

Und die beiden Autos aus der Vorführung, der "aktive" und der originale, existieren laut meinen Infos tatsächlich noch und stehen bei Bose.

[zottel]

Nicht schlecht, irgendwann sind wir soweit, das der LC(ok - ich fahr Tacoma) sagt: pass auf, aufgrund meiner Strassenoberflächenerkennung(watt `nen Wort) ist morgen hier ein Schlagloch.....