Feldi hat geschrieben:Ein H2-Auto ist ein BEV + Brennstoffzelle + Hochdruchtank + zusätzliche Hardware.
Ist halt deutlich komplizierter und vermtl. auch anfälliger als ein BEV.
Das war auch einer meiner Gedanken. Deshalb habe ich mit einigen Leuten gesprochen, die tief in der Materie stecken: Von denen konnte die Bedenken niemand bestätigen, die ca. 500 Mirai in Europa (10 tsd. wurden schon produziert) laufen völlig problemlos. Man ging sogar so weit, mir zu versichern, dass auch der Einsatz auf Pisten und Offroad kein Problem für die Brennstoffzelle sei (hier ging's um eine theoretische Frage; dass das praktisch aus Gründen der Versorgung nicht funktioniert, ist ja offensichtlich). Toyota legt da eine Menge Selbstbewusstsein an den Tag. Wenn man weiß, wie vorsichtig aus Japan kommuniziert wird, heißt das eine Menge.
Und das hat ja echt eine Menge Charme: Elektrische Mobilität mit all ihren Vorteilen plus jederzeit schnell herstellbare Reichweite (Versorgung vorausgesetzt - und das wird ja gerade ausgebaut). Das KANN ein solider Teil des Mobilitäts-Mixes sein, vor allem für den Schwerverkehr. Deutlich sinnvoller als diese hanebüchene LKW-Oberleitungs-Teststrecke zwischen Darmstadt und Frankfurt ist es allemal.
Beispiel: In den USA baut der junge Hersteller "Nikola" Wasserstoff-LKW mit Serienreife 2020. Und wir reden hier über RICHTIG Reichweite: Bei 1.000 PS Antriebsleistung bis zu 2.000 km. Der Bierbrauer Anheuser-Busch soll schon 800 davon bestellt haben, und sie engagieren sich folgerichtig auch beim Ausbau der Technologie: Zum Ausbau der Infrastruktur möchten Nikola und Anheuser-Busch bis 2028 über 700 Wasserstoff-Tankstellen in den USA und Kanada in Betrieb nehmen, die ersten 14 Stationen sollen ab 2021 einsetzbar sein.
Das ist auch ein Weg, der viel öfter beschritten werden muss: Dass nicht alles alleine den Herstellern überlassen wird, sondern die Industrie dort einsteigt, wo sie am meisten davon profitiert. Die Post und ihr Streetscooter sind ein Beispiel dafür. Sicher nicht das Beste, das ist wahr (darüber müssen wir jetzt nicht diskutieren)...aber immerhin ein konkretes Beispiel dafür, dass ein Großabnehmer einfach mal Initiative ergriffen hat und auch ein beträchtliches Risiko eingegangen ist.
Wasserstoff ist übrigens das am meisten vorkommende Element im Universum. Man muss es nur abspalten und einlagern, und das ist leider recht aufwändig. Wenn das aber mit überschüssiger Energie geschieht (und wir werden immer Spitzen und Täler ausgleichen müssen), dann ist das ein sinnvoller Teilbereich.
Wie gesagt: "Teilbereich". Wir werden in 10 und auch in 20 Jahren nicht "ausschließlich" Batterieelektrisch oder H2-hybridisiert unterwegs sein, es wird auf einen sinnvollen Mix hinauslaufen.
Und wo wir gerade dabei sind, im Hinterkopf die ganzen "Ja, aber" runterzuspulen: Idealerweise geht dieser Mix auch mit neuen Mobilitätslösungen einher. "Ein Auto für alles" ist in vielen Teilen dieser Erde super, aber in hochentwickelten Nationen wie denen in Europa kann man sich auch anderes überlegen. Ich möchte meinen Land Cruiser dafür nutzen, wofür er gebaut wurde, und ich möchte Spaß damit haben. Und wenn mein alltägliches Lieferwägelchen, mit dem ich leider den größten Teil der jährlichen Fahrleistung zurücklege und das sich im Moment noch leckeren Diesel genehmigt, in 10 Jahren eine Brennstoffzelle unter der Haube hat und mir bei ausreichend flexibler Versorgung tausend km Reichweite beschert, dann wäre das ehrlich gesagt DIE Lösung für mich. Für mich persönlich, wie gesagt. Denn so sehr ich den Diesel liebe: Bei 60 bis 80 tsd. km im Jahr gibt es Momente, in denen ich einen flüsterleisen Elektroantrieb wirklich zu schätzen wüsste. Man darf Stress durch dauernden Lärmpegel nicht unterschätzen, so lächerlich das im ersten Moment klingt. Und stundenlange monotone Autobahnfahrten sind keine "Spaßausflüge", auf denen ich die Freude an meinem Motor so richtig auskosten könnte.
Was ich mit all meinen Ausführungen sagen möchte: Dogmatik bringt uns nicht weiter, wir müssen offen sein und sinnvolle Wege finden, die uns nicht unserer Flexibilität, nicht des Spaßes an der Sache, nicht des Komforts berauben. Das heißt für mich zum Beispiel: a) Ich muss jederzeit mobil sein, b) ich möchte Spaß daran haben, c) ich möchte komfortabel unterwegs sein, d) ich kaufe mir nicht ständig ein neues Auto, e) ich lade ganz sicher nicht "auf der letzten Meile" all mein Werkzeug in ein Carsharing-Auto, weil ich mit meiner Schüssel nicht mehr in die Stadt fahren darf...usw. usf.