Hallo Leute!
Wenn ich gewusst hätte, was ich da anrichte: Loafis zerkaute Fingerkuppen, Wollis Tastaturverschleiß, Romains Lechzereien, fieberndes Warten auf die Fortsetzung...
Ehrlich gesagt, ich habe es mir ja lange Zeit überlegt, ob ich von diesem Ereignis hier im BTF berichten soll, denn irgendwie ist mir die Geschichte ja schon ein bisschen peinlich. Sowas sollte ja eigentlich nur den Anderen passieren, niemals einem selbst. Meinen Nachbarn samt Schwiegersohn habe ich übrigens zur Verschwiegenheit verpflichtet, denn wenn sich das im Ort rumspricht, dann holen mich in Zukunft alle zum Umpflügen Ihrer Mandeläcker
@Colt: Die Grübelei kommt noch, wirst schon sehen!
@Loafi: Die Sache mit dem 120-to Kran habe ich mir ernsthaft überlegt, dazu dann mehr im nächsten Teil.
@lcfrizz: Klar, und den Bagger heb´ ich am hinteren Arm als Eis am Stiel aus dem Schlamm
@Lemming: Wer ist Henri/y? Staubaggerer?
@Wolli: Danke für den Trost! Ich bin wohl offensichtlich nicht der Einzige mit einer solchen Erfahrung. Und Du sasst dabei die ganze Zeit über in Deinem Range Rover und hast zugesehen, wie vor Dir die Maschinen versinken?
@Chris: Ja weisst doch, Chris, entweder ich mach´s richtig oder gar nicht
Die Bilder habe ich übrigens als Beweis für Zuhause aufgenommen, was ich den ganzen Nachmittag über getrieben habe, nicht daß meine bessere Hälfte auf die Idee kommt, ich hätte mit ´ner Flasche Bier im Wirtshaus gesessen
Wie viele Teile es noch werden wird jetzt noch nicht verraten
Allright, let´s go, hier kommt:
Teil III - Die Bergung
So, nachdem nun ein sachkundiger Helfer zugegen war, konnten wir endlich ernsthaft mit der Bergung beginnen. Alles bis dahin Versuchte war ja lediglich zum Aufwärmen von Mensch und Maschine gedacht, und um die Fasern im eigentlich nicht zum Bergen bestimmten Zurrgurt schön parallell auszurichten. Nicht zu erwähnen brauch´ ich wohl, daß es mich nur wenige Minuten gekostet hat, um dem Baggerfahrer zu erklären, warum denn diese Maschine (momentan) keinen Fahrersitz hatte. Bartolo (so hieß der gute Mann) meinte nach kurzer Prüfung der Umgebung, daß es wohl schwierig werden würde, meinen Wagen nach vorne zu ziehen, eben da man den Bagger wegen des Terassenendes nicht günstig in Linie positionieren konnte.
Aber hinter dem Wagen war der Untergrund ja noch aufgeweichter (jedoch nicht unbedingt aufgeweichter als ich, denn inzwischen regnete es wieder in Strömen). Trotzdem kein Problem für Bartolo, er den Bagger einfach auf mehr oder weniger sicheren Grund hinter meinen Wagen bringen und diesen durch Heranziehen mit der Schaufel aus dem Dreck befreien. So kletterte er also in die Kabine, hob die Schaufel an und begann zu manövrieren. Nicht einfach, die Kiste saß wirklich tief (von der Situation hab ich keine Bilder mehr, es war inzwischen zu dunkel um zu fotografieren, und ich darüberhinaus zu beschäftigt) und bewegte sich nur widerwillig. Aber irgendwas irritierte ihn, er schaute sich fragend um und betätigte auf einmal einen Schalter im Armaturenbrett. Was war das? Licht eingeschaltet? Aber das war doch schon an!
Groß war meine Überraschung, als er plötzlich problemlos aus dem Matsch fuhr. Meinem geübten Geländewagenfahrerauge fiel auch prompt auf, woran das lag: Der Mann wusste einfach, daß in bestimmten Situationen 4WD besser ist als 2WD und hatte den Antrieb für die Vorderräder zugeschaltet! Hey, ich zog in diesem Augenblick alle möglichen Vorurteile, die ich ihm gegenüber hatte, zurück! Bartolo beherrschte sein Handwerk! (hier sei angemerkt, daß ich von meiner Maschine zwar wusste, daß diese Antrieb auf allen 4 Rädern hatte, ich mich im Eifer des Gefechts aber überhaupt nicht darum gekümmert hatte. Und mir natürlich auch nicht aufgefallen war, daß die Vorderräder nicht mitdrehten). Auch hatte er noch einen zweiten Insidertrick, um besser rangieren zu können: Die Entkopplung der beiden Bremspedale, so konnte er durch separates Abbremsen einer Fahrzeugseite praktisch auf der Stelle wenden. Sauber, wie er das machte, nämlich stehend! (man erinnere sich an den nicht vorhandenen Fahrersitz)
Problemlos (er bewegte sich ja jetzt auf der "kiesigen" Seite) fuhr er ungefähr 15 Meter hinter meinen Wagen, den Rest machten wir mit dem Baggerarm und dem Zurrgurt. Rasch am hinteren Abschlepphaken eingehakt, und los gings. Der LC mühte sich redlich, doch die Räder fanden nur wenig Grip. Dank der Mithilfe des Baggers konnten wir die Kiste aber so etliche Meter nach hinten aus dem Dreck ziehen. Mein Nachbar hatte sich übrigens seit dem erneuten Einsetzen des Regens strategisch günstig im Trockenen auf dem Beifahrersitz des LC positioniert und schaute fasziniert zu, wie ich meinen Wagen
ohne Kupplungspedal bewegte.
So, jetzt konnte ich also auf eigenen Rädern nach Hause fahren, Gottseidank! Mich dürstete es nach einer warmen Dusche und etlichen kalten Bierchen. Ich sperrte die Maschine ab, Bartolo setzte sich auf den Rücksitz, und ich beschloß, sicherheitshalber, über den geschotterten hinteren Teil der Terasse zu fahren, von wo ich auf die darüberliegende, ebenfalls teilweise geschotterte (merkt Euch das "teilweise", das wird gleich noch eine Rolle spielen) Terasse und anschliessend zum ausreichend befestigten Weg fahren konnte. Natürlich hätte ich auch da wieder rausfahren können, wo ich reingefahren bin, doch hier klafften zwischenzeitlich tiefe und bereits mit Wasser gefüllte Gräben von den Hinterrädern des Baggers welche ich in der Dunkelheit nicht unbedingt umschiffen oder gar durchwaten wollte.
Ging ja dann auch alles ziemlich problemlos - zumindest bis zu dem Bereich, an dem auf der oberen Terasse der geschotterte Bereich aufhörte (ging der nicht irgendwann mal bis zum Weg? Das musste ich wohl falsch in Erinnerung haben!). Ihr könnt Euch denken, was nun kam: Die Handhabung des Wagens wurde zunehmend schwammiger, es brauchte mehr und mehr Motorleistung, um vorwärtszukommen, bis dann schliesslich nichts mehr ging. Rückwärts, vorwärts, Sperren, nichts. Die Kiste stak wieder fest. Diesmal bin ich immerhin gute 25 Meter über den geschotterten Bereich hinausgekommen, ich wurde besser! Freischaukeln war auch nicht möglich, es ging einfach gar nichts mehr.
Also Bartolo wieder rauf auf den Bagger, auf die obere Terasse gefahren, ich inzwischen mit der Taschenlampe den Zurrgurt (den hatte ich vorher einfach irgendwo liegenlassen) gesucht und endlich gefunden, hinteren Abschlepphaken freigelegt (der Schlamm ging bis zur Stosstange), Gurt eingehangen und an der Bagerrschaufel festgem... O nein, das wäre ja jetzt zu einfach gewesen! Der Gurt war zu kurz, um bis zum noch auf dem Schotter stehenden Bagger zu reichen. Selbst mit den paar Meter halbstarker Kette, welche ich noch dabeihatte, fehlten gut und gern 10 Meter. Bartolo wiegte nachdenklich den Kopf, ich ermunterte ihn trotzdem, es zu versuchen. Also fuhr er, so gut es eben ging, den noch fehlenden Abstand in Richtung LC, wobei der Bagger immer niedriger wurde, da er schön gleichmässsig im Untergrund versank. Was soll´s, ich wollte meinen Wagen nach Hause bringen, Verluste spielten keine Rolle!
Anhängen, paar Meter ziehen, wieder raus, Spanngurt kürzer machen und das selbe Spiel nochmal von vorn. Es fehlten nur noch drei Meter bis zum geschotterten Bereich, meine Bierchen rückten in fühlbare Nähe. Doch diese drei Meter erwiesen sich als tükisch: der Spanngurt war inzwischen weg, LC und Baggerschaufel trennten nur noch 50 cm Kette. Und der Arm war bis zum Anschlag eingefahren. Also musste die Maschine versetzt werden. Denjenigen Lesern, die bis hierher durchgehalten haben, brauch´ ich wohl nichts zu erklären, für die Anderen (also diejenigen, die schon vorher das Weiterlesen aufgegeben haben) schildere ich es trotzdem in knappen Worten: Der Bagger saß fest, eingewühlt bis über die Achsen.
Keine Chance mehr, traurig schloss ich meinen Wagen ab und stolperte den beiden Helfern hinterher in Richtung Nachbarhaus. So (oder anders) muss es einem Cowboy zumute sein, wenn er sein Pferd zurücklassen muss
Meine bessere Hälfte holte mich ab, nicht ohne ein ironisches Lächeln im Gesicht "Klar, Du fährst ja ´nen Geländewagen, da kannst Dich überall reintrauen! Sogar da, wo Du hinterher nicht mehr rauskommst!" Trotzdem erwarteten mich ein warmes Abendessen und tröstende Worte, und so verflog meine schlechte Laune zusehends und ich begann, mir konstruktive Gedanken zur Bergung zu machen.
War da nicht was mit "asistencia en carretera", sinngemäß etwa "Hilfe auf der Strasse"? Sowas beinhalten praktisch alle spanischen Haftpflichtversicherungen. Auch meine! Also die Hotline angerufen und, um das Gespräch nicht unnötigerweise in die Länge zu ziehen, sofort darauf hingewiesen: "Der Wagen steckt NICHT auf der Strasse fest, sondern mitten im campo." Ihr könnt Euch meine Überraschung nicht vorstellen, als die freundliche Dame mir erklärte, daß das unerheblich sei, ich hätte die asistencia und die würden mir überall helfen, ob auf der Strasse oder nicht, und selbstverständlich würden die Kosten für Abschleppwagen oder was auch sonst zur Bergung nötig war, von der Versicherung übernommen. Super, mein Wagen war so gut wie gerettet! Wir vereinbarten, daß ich mich am nächsten Tag wieder melde und ich dann entsprechende Hilfe anfordern würde.
Vielleicht hätte mich der abschliessende, sicherlich gutgemeinte und in Spanien sehr häufig gehörte Satz der freundlichen Sachbearbeiterin "¡No te preocupes!" ("Mach Dir mal keine Sorgen!") alarmieren sollen, doch ich war einfach zu müde, um auf dieses, sonst von mir
sehr respektierte Signal zu achten und wollte nur noch Sofa und Bierchen.
Wie die Sache weiterging, kann man irgendwannmal
hier weiterlesen, und zwar im:
Teil IV - ¡No te preocupes!
Gruß: Tom